Mittwoch, 10. Dezember 2008

Das Geheimnis "Till Eulenspiegel"

Hermann Bote
Till Eulenspiegel
- Ein kurzweiliges Buch von Till Eulenspiegel aus dem Lande Braunschweig

Wie er sein Leben vollbracht hat. Sechsundneunzig seiner Geschichten. Herausgegeben, in die Sprache unserer Zeit übertragen und mit Anmerkungen von Siegfried H. Sichtermann. Mit zeitgenössischen Illustrationen
insel taschenbuch 336 (1978), 357 S., Broschur, ISBN 978-3-458-32036-4, Euro 10,00 [D], Euro 10,30 [A], sFr 18.50
460 Jahre lang war es dem Verfasser des »Eulenspiegel« gelungen, seinen Namen vor den ungezählten Lesern seines Buches geheimzuhalten. 1971 aber schlug seine Stunde: der Züricher Rechtsanwalt Dr. Peter Honegger nahm ihm die Maske ab. Zum Vorschein kam der Braunschweiger Zollschreiber Hermann Bote (um 1467 - um 1520). Die erste teilweise erhaltene Auflage seines Buches erschien 1510/11 bei Johannes Grüninger in Straßburg anonym. Bote, dem breiteren Leserpublikum kaum bekannt, wurde von dem namhaften Literaturhistoriker Josef Nadler 1939 als »der begabteste Dichter des 15. Jahrhunderts, vielleicht des ganzen niedersächsischen Stammes« bezeichnet. Der Dichter, als Sohn eines Braunschweiger Schmiedemeisters geboren, war um 1488 Zollschreiber in seiner Vaterstadt, um 1493 niederer Landrichter (Amtsvogt), danach wahrscheinlich Verwalter des Braunschweiger Altstadt-Ratskellers.
Das Volksbuch vom Eulenspiegel, der einzige Welterfolg der Dichtung Niedersachsens und zugleich das berühmteste und langlebigste aller deutschen Volksbücher, erwies sich als ein ausgesprochener »Bestseller«. Schon im 16. Jahrhundert trat es seinen Siegeszug im Abendland an, allein in Deutschland erschienen in diesem Zusammenhang mindestens 35 Ausgaben. Das Buch wurde teilweise in Auswahl schon im 16. Jahrhundert in die meisten Kultursprachen Europas übersetzt.

Aus einer Betrachtung von Rüdiger Blankertz im "Archiv für Menschenkunde und Sozialpädagogik Rudolf Steiners":
" ... Till Eulenspiegel ist zweifellos eine historische Gestalt. Aber dieser Till Eulenspiegel ist eigentlich eine geistige Gestalt. Da wir den Geist nicht kennen, erscheint sie als eine Art Agent einer anderen Welt. Till ist anders, ist sogar anders geboren als wir. Er ist aus der Kraft des Wortes geboren, wie wir aus der Materie geboren zu sein glauben. Aber er ist nicht allein. Jeder kann ein Eulenspiegel werden. Wenn er es will, und wenn er die rechten Wege dazu sucht.
In der Geschichte sind mehrere Menschen aufgetreten, haben sich als Personen - wenn man bei den ‘Tillen’ in dem uns geläufigen Sinne überhaupt von ‘Person’ reden kann - der Aufgabe, ein Eulenspiegel zu sein, unterzogen, haben sich als Eulenspiegel ‘verkörpert’. Heute ‘lebt’ diese Gestalt in den Büchern weiter, in den immer neuen Ausgaben des ersten Till-Eulenspiegel-Buches, das längst in viele Sprachen der Erde übersetzt worden sind. Und er darf hier und dort auch in der Schule leben, vor allem aber in der Freien Waldorfschule. Dort begegnen die Kinder im 2. Schuljahr ihm wieder, wenn der Lehrer sich den Sinn dafür erschlossen hat, und so diese wunderbare Gestalt für die Kinder zum Leben erwecken will und kann.
Wer sich als Erwachsener mit Till Eulenspiegel befaßt hat, den läßt er oft nicht mehr los. Man kann durch ihn immer wieder die Welt und den Menschen neu sehen lernen. Die Wesen der Natur sind uns durch die Sinne gegeben. Die ‘Welt des Menschen’ ist uns zunächst gegeben durch alles, dann die Sprache und das Denken für uns leisten. Die Welt des Menschen ist die Welt der Zeichen und Symbole, der Grammatik und der Semantik, der Bedeutungen, Meinungen und Ansichten, des Ausdrucks und des Eindrucks, den die Vorgänge und Gegenstände der Natur, vor allem aber die Rede und die Handlungen der anderen Menschen - die insoweit ja auch ‘Naturvorgänge sind’, auf uns machen. Und mit dieser Welt des Menschen hat es ein Eulenspiegel vor allem zu tun ... "
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